Kleider in Form Jeans
Benjamin Marquardtam 02.07.2015 um 16:04 Uhr
Lemgo/Detmold. Die Lipper erleben heiße Tage. T-Shirt, kurze Hose beziehungsweise Sommerkleid oder Minirock sind da für viele die erste Wahl. Doch ist das immer korrekt? Die LZ hat sich umgehört.
Den richtigen Kleidungsstil selbst für extrem heiße Temperaturen kennt Margret Hey. Die Tanzlehrerin aus Lemgo gibt auch Benimmkurse – und weiß, welche Kleidung bei 35 Grad Außentemperatur an den Körper gehört. Ihre wichtigste Regel für die Freizeit ist dabei simpel: „Das Beste ist, wenn jeder das trägt, in dem er sich wohlfühlt.“ Wichtig sei nur, nicht zu viel Haut zu zeigen – zum Schutz vor Sonnenbrand. Margret Hey empfiehlt daher Kleidung aus leichten und luftigen Stoffen. So sei sowohl das heiße Klima zu ertragen als auch dem Schutz vor der Sonne genüge getan.
Eine Empfehlung, die Birgit Röttger, Leiterin der „Wiese Modewelt“ in Detmold, teilt. Baumwollfasern seien immer noch am meisten gefragt, wenn es um die Kleidung an heißen Tagen gehe. Aber auch moderne Technofasern, wie sie in der Sportbekleidung genutzt würden, oder Seide seien eine gute Wahl.
Und welches Kleidungsstück soll es sein? Der Damenwelt rät sie bei Hitze: „Kleider, Kleider, Kleider.“ Männer seien mit einer leichten Baumwollhose und einem Kurzarmhemd gut angezogen.
Anders sehe es dagegen aus, wenn bei der Arbeit oder anderen Verpflichtungen bestimmte Dresscodes einzuhalten seien. „Frauen sollten nie barfuß in die Schuhe schlüpfen, sie sollten immer Strümpfe oder Strumpfhosen anziehen“, betont die Benimmexpertin. Zudem sei es wichtig, sich nicht zu aufreizend anzuziehen, „um keinen falschen Eindruck zu hinterlassen.“
Das gelte ebenso für Männer. Auch sie sollten nicht in kurzer Hose, Achselshirt oder Flip-Flops zur Arbeit oder dem Termin erscheinen. „Wird ein Anzug getragen, gehört dazu ein langes Hemd“, sagt Magret Hey. Ein kurzärmliges Hemd, bei dem der Ärmel nicht unter dem Anzug zu sehen sei, könne unhöflich wirken.
Da legt Birgit Röttger als Modefachfrau einen etwas anderen Schwerpunkt. Für sie gilt: Hemd mit Krawatte, aber kein Sakko, ist „nicht angezogen.“ Denn: „Zu einer Krawatte gehört ein Sakko.“ Mittlerweile sei der Schlips aber längst nicht mehr überall Pflicht – viele Unternehmen hätten das „krawattenlose“ Büro ausgerufen.
Allgemein gelte jedoch hier auch, dass die Kleidung dem Zweck angepasst sein müsse. So könne das Personal eines Ladens, der sich beispielsweise an Jugendliche richte, durchaus kurze Hosen oder ein Top tragen. „Hier würde eine zu förmliche Kleidung wieder deplaziert wirken“, meint Magret Hey. Und die Business-Kleidung sei nicht zuletzt von der Unternehmensart abhängig. In einer Werbeagentur könne sicher lässigere Kleidung getragen werden als in der Bank.
Deshalb empfiehlt Birgit Röttger ihren Mitarbeitern auch, sich typgerecht zu kleiden. Junge Mitarbeiter dürften im Geschäft durchaus im T-Shirt bedienen.
Und was ist, wenn es gefühlt einfach zu heiß zum Arbeiten ist? Hitze setzt die Leistungsfähigkeit herab und steigert das Unfallrisiko. Einen Anspruch auf „hitzefrei“ gibt es für Arbeitnehmer aber nicht, heißt es bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Im allgemeinen soll die Temperatur in Arbeitsräumen 26 Grad nicht übersteigen. Wird es wärmer, muss der Arbeitgeber „wirksame Maßnahmen“ ergreifen, um die Belastung zu verringern. Er könnte zum Beispiel die Arbeit in weniger heiße Stunden des Tages verlagern, ausreichend Wasser zur Verfügung stellen – oder auch die Kleidungsvorschriften lockern. Weitere Infos gibt es unter www.baua.de
Wenn Frauen in knielangen Röcken zur Arbeit kommen, stört sich niemand daran, Männer sollten also auch zur kurzen Hose greifen können. Auf das Aussehen der Beine kommt es schließlich überhaupt nicht an, sondern darauf, auch bei Hitze vernünftig arbeiten zu können, und wenn ein paar Zentimeter weniger da weiterhelfen, dann ist das doch wohl kein Grund, gleich den Knigge rauszuholen.
Contra von Thorsten Engelhardt: Männerbeine in kurzen Hosen sind an sich schon kein schöner Anblick, kalkweiße Männerbeine noch weniger. Am Strand mag das noch angehen, genauso bei hart arbeitenden Kerlen auf dem Bau. Aber im Büro? Nein. Bloß nicht. Im europäisch geprägten Teil der Erde war lange Zeit steife Form das Zeichen der bürgerlichen Gesellschaft, die sich damit auch von angeblich niederen Schichten absetzen wollte. Es hat lange gebraucht, um die Form als Abgrenzung zu überwinden und sie durch Format zu ersetzen.
Letzteres kann jeder Mensch haben. Doch der Drang zur Selbstverwirklichung und zur Überwindung aller Förmlichkeiten muss nicht so weit gehen, dass der Rest der Kollegen durch weiße behaarte Männerbeine in kurzen Hosen belästigt wird! Ein Büro ist ein Büro und nicht Baywatch. Und die wenigsten sehen in kurzen Hosen auch nur annähernd David Hasselhoff zu dessen Glanzzeiten ähnlich.
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