Kleid Braun H Und M.
Mode ist heute eine extrem individuelle Angelegenheit. Alles ist erlaubt. Man würde es befremdlich finden, wenn einem jemand in Kleidungs- oder Stilfragen hineinreden würde. Und wenn es der Staat wäre, der das probiert, würde man das einen Eingriff in Persönlichkeitsrechte nennen.
Man würde es nicht akzeptieren und im Zweifel auf die Barrikaden gehen. Dabei ist es noch gar nicht so lang her, dass ein politisches System versuchte, die Deutschen auch modisch auf Linie zu bringen, wie eine Ausstellung im Textil- und Industriemuseum (Tim) in Augsburg zeigt. „Glanz und Grauen. Mode im Dritten Reich“ macht exemplarisch sichtbar, wie die Manipulation auf der ästhetischen Ebene funktionierte, wie die Mode im Lauf der Diktatur mehr und mehr von der herrschenden Ideologie durchdrungen wurde.
Die Einflussnahme begann subtil, arbeitete mit sozialem Druck und steigerte sich bis zu massiven Eingriffen: „Die Kontrolle ging bis in den Kleiderschrank“, so Tim-Historikerin Michaela Breil. Zunächst gab es Aktionen zur „freiwilligen“ Kleiderabgabe, sogenannte „Spinnstoffsammlungen“. Wer sich widersetzte, machte sich verdächtig. Was man als Gegenwert erhielt, entsprach längst nicht mehr der gewohnten Qualität. Ab 1939 gab es Bezugsscheine für Kleider, pro Person und Jahr eine Karte mit 100 Punkten. Was man dafür bekam? „Für ein Sakko aus schlechter Zellwolle musste man 55 Punkte hergeben. Für eine Hose waren 22 Punkte fällig. Außerdem wurde eine Zuzahlung in Reichsmark verlangt.“
Um Devisen im Land zu lassen, verzichtete die Wirtschaft auf den Import teurer Stoffe wie Seide und Samt, ja selbst Baumwolle. Stattdessen wurden Ersatzmaterialien wie Ausbrennsamt, Lurex oder Viskose erfunden, Zellstoff für Mäntel genutzt und Bast oder Papier für Schuhe verwendet. Schon bald regierte auf den Straßen ein dumpfer Einheitslook. Da waren die Luxus-Uniformen für die hochrangigen Offiziere, ein einheitliches Erscheinungsbild für die Wehrmacht und paramilitärische Kleidung für die Pimpfe der Hitlerjugend und die Mädels vom BDM.
Vom Farbenspiel der Damenmode blieb nicht viel mehr als alle Schattierungen Braun – nach dem Endsieg, so das Regime, werde man sich dann um eine spezielle Mode für Frauen kümmern. Zunächst aber galt es, die eigenen Bedürfnisse zugunsten der Volksgemeinschaft zurückzuschrauben. Eine Losung, die für alle galt. Aber wie immer in verbrecherischen Systemen nicht für die Machthaber und die, die in ihrem Wind segelten.
Mode wurde mit fortschreitender Dauer des Krieges und der damit einhergehenden Materialknappheit zum exklusiven Vergnügen für einen elitären Kreis. Es waren die Gattinnen der Naziführer Goebbels und Göring, die nach Paris zum Bummeln fuhren und dort die Läden leer kauften. Es waren Privilegierte wie Hitlers Geliebte Eva Braun, die sich im Atelier der Berliner Modeschöpferin Annemarie Heise ihre Garderobe auf den Leib schneidern ließen. Eines dieser Kleider, ein schlichtes, blaues mit weißen Manschetten aus dieser Zeit, das Heise exklusiv für Eva Braun entwarf, wurde oft kopiert – von Frauen, die zu Hause nach Vorbildern selbst etwas nähten.
Der permanente Mangel setzte unglaublich kreative Kräfte frei: „Alles wurde verwertet und wiederverwendet“, sagt Michaela Breil. Und das war ganz im Sinne des Regimes. Die Nazi-Ideologen wussten genau, was sie taten. In Frauen- und Modezeitschriften propagierten sie das Ideal der sparsamen, jedes überflüssigen Konsums abholden Hausfrau, die selbst nähte, strickte, stickte und häkelte, die wusste, wie man richtig wusch und färbte, wie man Mottenbefall verhindert und mit einfachsten Mitteln Effekte erzielt.
„Um schön zu sein“, so die Botschaft, „muss man sich behelfen.“ Durch ausgefeilte Schnitte, so die Anweisung, könne man Material sparen. Und so gab die deutsche Frau ihr Bestes: Papierknöpfe wurden mit Stoff überzogen, man fältelte und smokte, es gab feine Paspelierungen und dramatische Raffungen oder liebevoll gestaltete Applikationen wie Stoffblumen. So manche findige Frau artikulierte auf diese Weise aber auch ganz subtil ihre Anti-Haltung. Etwa mit einer roten Poppy. Die Mohnblume galt als heimliches Symbol der französischen Résistance, der Widerstandsbewegung gegen die verhassten deutschen Besatzer.
Generell manifestierte sich Widerstand oder überhaupt eine gewisse Geisteshaltung oft in versteckten Zeichen: „Die Menschen damals konnten Kleidung lesen“, sagt Breil. Und vor allem junge Leute entwickelten einen enormen Einfallsreichtum beim Suchen und Finden solcher Codes. Lederhosen zum Beispiel wurden in den 30er- und 40er-Jahren üblicherweise mit weißem Hemd und Pullunder getragen. Mit lässig um die Knöchel hängenden Stricksocken aber war man schon ein Rebell: Sie waren das Erkennungszeichen gläubiger Katholiken, die sich dadurch von der zwanghaften Uniformität der Hitlerjugend absetzen wollten.
Auch die sogenannten „Swing Boys“ provozierten mit ihrem Outfit. Sie orientierten sich an den Modetrends im angelsächsischen Raum und an dem damals hippen Jazz. „Auch sie wurden kriminalisiert – wie überhaupt jeder, der irgendwie anders aussah“, sagt Michaela Breil. Jungs im Matrosenanzug zum Beispiel, der den Nazis als Zeichen bourgeoiser Haltung – und Herkunft – galt, waren ebenso verdächtig wie Frauen, die keine Schürze trugen. Doch solche Extravaganzen leisteten sich ohnehin nur wenige Volksgenossen. Mode und Selbstinszenierung blieben unter den Nazis weitestgehend Fantasie. Allenfalls heimlich orientierten sich Frauen an internationalen Modezeitschriften, an den Stars aus der Wochenschau im Kino und dem wenigen, was aus Amerika an Stilvorbildern noch sichtbar wurde, wie das Sommerkleid von Vivien Leigh alias Scarlett O’Hara aus dem Hollywoodfilm „Vom Winde verweht“.
Die Sehnsucht nach Luxus war auch im Dritten Reich nicht totzukriegen. Deshalb bekamen Soldaten „detaillierte Bestellscheine an die Front geschickt“: Sie mussten seidene Unterwäsche und BHs oder Brüsseler Spitzen mitbringen. Manches legal erworben, das meiste jedoch von Plünderungen und Raubzügen in den eroberten Gebieten.
Die Ausstellung:
„Glanz und Grauen. Mode im Dritten Reich“, Staatliches Textil- und Industriemuseum Augsburg, bis 22. Oktober 2017
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