Günstige Kleider Herren
Mehrere Einkaufszentren und hunderte Geschäfte reihen sich in der Berliner Schloßstraße aneinander. Von der Billigkette bis zur Luxusmarke ist hier alles zu finden – der perfekte Ort, um nach fairer Mode zu suchen. Das Ziel: ein T-Shirt, bei dem ich sicher sein kann, dass es zu existenzsichernden Löhnen und unter menschenwürdigen Arbeitsbedingungen hergestellt wurde.
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Die erste Anlaufstelle ist Tchibo. Das Hamburger Unternehmen hat einen guten Ruf und unterzeichnete als erstes das Brandschutzabkommen mit den Gewerkschaften in Bangladesch. Die Vereinbarung soll eine Tragödie wie den Einsturz der Fabrik Rana Plaza vor wenigen Wochen künftig verhindern. Neben Kaffee und Haushaltswaren hängen die Kleider, ich greife mir ein Bio-Baumwollshirt für zehn Euro heraus. „Ist das hier unter guten Arbeitsbedingungen hergestellt?“, frage ich die Verkäuferin. „Unsere Sachen werden generell unter guten Arbeitsbedingungen hergestellt“, gibt sie zurück. „Tchibo zahlt gut, auch auf den Kaffeeplantagen.“ Wo das Shirt herkommt, kann ich nicht erkennen. „Ist das aus Bangladesch?“ frage ich. „Ich glaube nicht, dass Tchibo in Bangladesch herstellt, die meisten Sachen bei uns kommen aus China“, sagt die Dame. Wenn ich wissen wolle, wo das Shirt herkommt, solle ich mich an das Unternehmen wenden.
Ich ziehe weiter, zu Gerry Weber. Die Kleider sind im mittleren Preissegment. „Haben Sie Waren mit Siegel für faire Arbeitsbedingungen?“, frage ich an der Kasse – und bekomme ein „Nein“ zu hören. „Made in Turkey“ steht im Shirt, das 29,90 Euro kostet. Immerhin Europa, denke ich. „Wir produzieren auch in China und Russland, aber nicht in Lohndumpingländern wie Bangladesch“, versichert die Verkäuferin. Ja, ich könne davon ausgehen, dass das T-Shirt unter besseren Bedingungen hergestellt werde als ein Fünf-Euro-Hemd. „Aber“, so räumt die Verkäuferin ein, „der höhere Preis geht in erster Linie auf bessere Materialqualität zurück“.
Ein paar Schritte die Straße runter liegt Primark, die irische Kette, die sogar H&M bei den Preisen unterbietet und massenweise Jugendliche anzieht. Um elf Uhr morgens ist der Laden gut gefüllt. Die T-Shirt-Preise liegen zwischen 3,50 und acht Euro, Herkunftsländer sind nicht angegeben. „Macht es einen Unterschied für die Textilarbeiter, ob ich ein teureres oder billigeres Shirt nehme?“, frage ich. „Nein“, sagt die Verkäuferin, „das ist alles von den gleichen Firmen.“ Ich frage nach Ware, die nicht aus Bangladesch stammt. „Weniger als zehn Prozent“, sagt der Kassierer.
Schließlich entscheide ich mich für eine teure Marke: Bei Tommy Hilfiger kosten die T-Shirts um die 50 Euro, sie stammen aus der Türkei, aus China oder Indien. Bangladesch findet sich nicht im Laden. Eine faire Kollektion hat auch die US-Kette nicht. Fragen die Kunden nach dem Unglück in Bangladesch danach? „Nein, das interessiert keinen, Hauptsache, es ist günstig“, sagt die Verkäuferin.
In einer Studie des Instituts für Handelsforschung in Köln, die die Nachhaltigkeitswahrnehmung von Firmen in der Bevölkerung misst, schneidet die Modebranche schwach ab. Nach den Skandalen um Löhne und Arbeitsbedingungen haben die Verbraucher das Vertrauen verloren. Doch wie findet man ein faires T-Shirt?
DER PREIS: Hilfiger statt H&M, 50 statt fünf Euro – so einfach ist es tatsächlich nicht. „Ein hoher Preis ist nicht der Garant dafür, dass das Produkt unter guten Bedingungen hergestellt ist“, sagt Gisela Burckhardt von der Kampagne für saubere Kleidung (CCC). Die Organisation setzt sich für bessere Standards in den großen Textilproduktionsländern wie China und Bangladesch ein. „Oftmals werden die Markenkleider in den gleichen Fabriken produziert wie die Discountware.“ Der höhere Preis hänge größtenteils mit besseren Materialien und teurerem Marketing zusammen. Allerdings gibt es auch in Bangladesch Fabriken, die besser zahlen. So wirbt etwa die Firma Hessnatur damit, mehr als den Mindestlohn zu geben. Bei einem T-Shirt für 19,95 Euro liegen die Lohnkosten der Firma zufolge bei 1,40 Euro.
DAS HERKUNFTSLAND: Auch die Orientierung über die Herkunftsländer ist schwierig. „Wenn im T-Shirt ’Made in Italy’ steht, heißt das noch lange nicht, dass das Hemd dort produziert wurde. Manchmal sind nur die Knöpfe dort angenäht worden“, sagt Burckhardt. An China, größter Textilproduzent weltweit, und Bangladesch auf Platz zwei, kommt man ohnehin kaum vorbei. Und zertifizierte Fabriken gebe es auch in diesen Ländern – wenn auch die Minderheit. „Bei Kleidern aus der EU – etwa aus Portugal oder Griechenland – kann man von fairen Arbeitsbedingungen und Löhnen ausgehen“, sagt Burckhardt. Zudem kann man auch auf Firmen ausweichen, die in Deutschland produzieren, wie etwa Trigema oder Manomama. Organisationen wie die CCC sehen das aber nicht als Lösung. „Es geht nicht darum, die Produktion hierher zurückzuholen, sondern den Beschäftigten in den Produktionsländern menschenwürdiges Arbeiten zu ermöglichen“, sagt Burckhardt.
DIE SIEGEL: Nach der Katastrophe in Bangladesch hat sich sogar H&M-Chef Karl-Johan Persson für ein internationales Gütezeichen für faire Mode ausgesprochen. „Mir schwebt ein weltweit gültiges Siegel für die Branche vor, ähnlich wie das Fair-Trade-Siegel beim Kaffee“, sagte Persson dem „Spiegel“. Auch die Grünen fordern das (siehe Interview). Bisher gibt es zwar einzelne Siegel wie GOTS oder Fairwear (siehe Kasten), an ihnen beteiligt sich aber nur ein kleiner Teil der Branche.
Auch ich werde bei der Suche nach einem fairen T-Shirt erst im Naturkaufhaus an der Schloßstraße fündig. Hier gibt es Mode mit dem GOTS-Siegel, das bessere Arbeitsbedingungen garantieren soll. Die Preise für T-Shirts der zertifizierten Marken Lanius oder Lana liegen zwischen 20 und 40 Euro. Dafür ist die Auswahl im Laden geringer als bei großen Ketten. Wer auf dem Land lebt, hat die besten Chancen, faire Mode online zu finden – zum Beispiel beim Versandhändler Hessnatur.
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